Die Geschichte des Ysebähnli am Rhy

oder

Wie aus einem Traum durch viel Ausdauer und harte Arbeit Wirklichkeit wird.

Autor: Roger Henchoz nach Angaben von Hannibal (Jürg) Wohlschlegel



Die Anlage

Wir schreiben das Jahr 1990. Schon seit vielen Jahren suchen drei Freunde aus dem Norden der Schweiz, genauer gesagt, aus der Basler Ecke, ein Stück Land. Die drei Freunde "Hannibal" Jürg Wohlschlegel, Leonhard "Leni" Imhof und Ruedi Baumann suchen einen geeigneten Flecken Erde, damit der gemeinsame Traum einer Gartenbahnanlage endlich in die Tat umgesetzt werden kann. Nach längerer Zeit kommt das Trio dem ersehnten Ziel ein kleines Stück näher. Ein ehemaliger Untermieter und Freund von Hannibal, der in der Schweizerhalle ein Grundstück erworben hatte, offeriert den Dreien diesen schmalen Landstreifen zwischen der Hauptstrasse und dem Steilufer des Rheins zu einem symbolischen Beitrag von einem Franken Miete pro Jahr.

Auf diesem von der Natur überwucherten Stück Land, das ein paar Jahrzehnte lang Schrebergärten beherbergte, konnten nun die Arbeiten zu ihrem Lebenstraum begonnen werden. Leider verliess zu diesem Zeitpunkt, wir sind im Jahr 1991, Ruedi Baumann das Trio, Die Arbeiten werden jetzt durch das Duo Hannibal und Leni in Angriff genommen. Mehrere Wochen, Monate und Jahre Arbeit stehen bevor. Das Gelände muss zuerst von 200 Kubikmeter Unrat befreit werden, anschliessend wird tagelang gerodet, dann monatelang gepickelt, geschaufelt und gebaggert.


Bild-1png

So sieht es 1990 aus - Standort Lokdepot (heute) zum ersten   

                                                                

 Bild-2png    

um zweiten

                                                                                       

Bild-3png

und zum dritten

Beim Aufräumen

Bild-4jpg 

Leni Imhof legt die "Bagger" Hand an

Bild-5jpg 
Leni Imhof und Hannibal (Jürg) Wohlschlegel

Die ersten Fahrversuche
Nach vielen Monaten Arbeit können im Jahr 1992 die ersten Fahrversuche auf dem fertig gestellten Kreis beim Kiosk absolviert werden. Diese ersten "Gehversuche" sind erfolgreich und ermutigend.

Bild-6jpg
Der erste Kreis beim Kiosk

Bild-7jpg
Blick in Richtung des zukünftigen Depots

Bild-8jpg
Aus dem gleichen Blickwinkel wie das vorherige Bild - ein Jahr später

Bild-9jpg
Das Fundament des zukünftigen Depots

Das Gebäude wird ein grosszügiges Depot mit 8 Gleisen zu je 7.5 Meter Länge und einer Schiebebühne als Erschliessung für die Depotgleise und die 6 Anheizgleise.

Bild-10jpg
Beginn des Holzbaus am Depot

Bild-11jpg
Wo muss das Aufrichte Bäumchen hin?

Bild-12jpg
Der Innenausbau im Depot beginnt

Auch ein Kohlebunker und ein Wasserturm dürfen selbstverständlich nicht fehlen.

Bild-13jpg
Bild-14jpg

Die Streckenführung gestaltet sich durchgehend sehr anspruchsvoll. Es ist nicht einfach, in den knapp 20 Meter breiten Geländestreifen einen Schienenstrang für die Spurweite  5 und 7 1/4 Zoll zu legen. Giftige Steigungen beziehungsweise Gefälle um die 40 Promille und Raden von knapp 10 Metern fordern heute die Lokführer aufs Äusserste, denn ohne genügend Druck im Kessel und ohne Streckenkenntnisse läuft nach kurzer Zeit nichts mehr.

Bild-15jpg
Vorher

Bild-16jpg
Nachher

Wir sind im Jahre 1994, auch Leni Imhof kehrt der Anlage den Rücken, fortan liegen die Geschicke nur noch in den Händen von Hannibal (Jürg) Wohlschlegel. Dies hiess jetzt aber nicht, dass die Arbeit nun ruhten, mit voller Kraft geht es trotzdem weiter, bis der erste Teil der Anlage rundum befahrbar ist.

Bild-17jpg
"Hannibal" Jürg Wohlschlegel

Nach weiteren drei Jahren, wir sind jetzt im Jahre 1995, beträgt die gesamte Streckenlänge inklusive Nebengeleise über 600 Meter, verfügt über zehn kombinierte 5, 7 1/4 Zoll Weichen - zwei Weichen mit nur einer Weichenzunge für 7 1/4 Zoll und einer reinen 71/4 Zoll-Weiche, einer Schiebebühne mit 8 Depot Geleisen und 6 Abstell Geleisen im Freien. Aus über 2 Tonnen Stahl ist auch eine Brücke über den Teich beim Depot entstanden.

Bild-18jpg

Wie der Unterbau für die Strecke aufgebaut ist, darüber gibt das nun folgende Kapitel Auskunft.

Der Gleisbau

Im ersten Teil der Anlage sind die Gleisprofile mit den Schwellen verschweisst worden. Der Grund dafür ist lediglich der Zeitgewinn beim Bau der Anlage. Im Laufe der Jahre hat sich aber gezeigt, dass dieses Vorgehen langfristig nicht das richtige gewesen ist, da am fertigen Geleise keinerlei Korrekturen in der Spurweite oder im Radius mehr möglich sind. Aus diesem Grund ist im nun folgenden Neubauteil das normale, auch beim grossen Vorbild angewendete Verfahren zum Zug gekommen, das heisst, die Profile werden mit den Schwellen verschraubt. So sind Änderungen oder Korrekturen an der Gleisgeometrie relativ einfach zu machen. Der Unterbau ist auf der ganzen Anlage gleich aufgebaut. Im Anschluss an den Aushub ( 80 Zentimeter tief!) wird als Grundlage 60 Zentimeter Wandkies und darauf 10 Zentimeter Mergel eingebracht und eingewalzt. Das Geleise kann nun auf dem Mergel platziert und ein geschottert werden.

An dieser Stelle ist jetzt die Zeit für einen Überblick über das gesamte in der ersten Etappe verbaute Rohmaterial gekommen. Bis Ende 1998 wurden insgesamt verbaut: 100 Kubikmeter Mergel, 150 Kubikmeter Kies, 60 Kubikmeter Humus, 15 Kubikmeter Beton und Mörtel. An Steinprodukten sind 45 Tonnen Jurakalksteinquader, 15 Tonnen Kalksteinschotter und 45 Tonnen sonstige Steine zum Einsatz gekommen. Wer spricht bei diesen Zahlen noch von Modellbahn...?

Der Bau der grossen Stützmauer

Bild-19jpg

Mit diesem Zuwachs um 270 Meter beträgt die gesamte Streckenlänge inklusive Nebengeleise jetzt 870 Meter. Mit dem Ausbau um sieben 7 1/4 Zoll - Weichen ist die Anzahl der Weichen auf 20 angestiegen.

Wie kommt aber das Rollmaterial auf die Anlage?. Die Antwort darauf im folgenden Abschnitt.


Der Einbau einer Hebebühne

In den Jahren 1999 bis 2000 ist eine Hebebühne mit 2000 Kg Tragfähigkeit und einem Anschlussgleise zum Auf- und Abladen des Rollmaterials eingebaut worden.
Damit können unsere Gastfahrer ihr Rollmaterial ohne Kraftanstrengung Ab- und wieder Aufladen. Für das Rollmaterial unserer Gäste ist genügend Platz vorhanden, sind nun diverse Abstellgleise im Ostteil der Anlage verfügbar. In der nächsten Abbildung ist ein Gleisplan der Anlage mit dem heutigen Ausbau ersichtlich.


Bild-20jpg


Der Bau des Wagendepots

Da der Platz im Lokdepot immer enger wird, sei dies durch das immer zahlreicher werdende Rollmaterial oder durch Loks mit Gastrecht, ist auf der Anhöhe hinter dem Depot im Jahre 2001 ein Wagendepot mit 2 Depotgeleisen zu je 12 Metern Gleislänge erstellt worden. Jetzt haben die Loks wieder genügend Platz, ein weiterer positiver Aspekt ist der, dass zum Überwintern die Wagen der Züge nicht mehr getrennt und eingelagert werden müssen.

Um den Betrieb optimal zu gestalten, installierten wir in diesen Jahren auch eine Bahntelefonanlage. Diese steht zur Sicherstellung des leiblichen Wohles des Bahnpersonals und selbstverständlich auch zur Sicherstellung des Betriebes zur Verfügung. Wie kam es dazu:
Das Projekt Bahntelefon

Wer je in den Vereinigten Staaten oder Kanada Eisenbahn fuhr, kennt die unzähligen Telefonmasten, die voll behängt mit Drähten entlang der Bahngleise stehen. Die Besucher des Ysebähnli am Rhy können jetzt in den gleichen Erinnerungen schwelgen. Nachdem die Streckenverlängerung in Betrieb war, wurde der Wunsch nach einem Strecken-Telefon immer grösser, denn Funktelefone entsprachen nicht der Vorstellung von Dampflok-Romantik.

Wie schon so oft in der Geschichte des Ysebähnli kam ein Zufall zu Hilfe. Von einem Eisenbahnfreund erhielt das Team um Hannibal 5 alte feuchtsichere Telefone der ehemaligen PTT. Jetzt begann die Suche nach einer alten Relais-Telefonzentrale und dank eines Freundes konnte auch dieses Problem gelöst werden.
An einem Pfingstmontag grub das Team die Löcher für die Masten. Diese aus druckimprägniertem Holz bestehenden Masten wurden einbetoniert und daran auch richtige Isolatoren montiert. Isolatoren von Viehhüter-Elektrozäunen eigneten sich von der Grösse her perfekt. Der Original-Freileitungsdraht mit einer Länge von ungefähr 1500 Meter wurde eingezogen. Für einen Apparat benötigt es normalerweise nur 2 Drähte, aus Schutzgründen wurden 4 Drähte eingezogen, die oberen beiden werden zum telefonieren benutzt, die unteren zwei sind nur als Berührungsschutz und Dekoration gebraucht. Die Telefon-Zentrale ist im Depot an einer Wand befestigt und mit einem 220 Volt-Anschluss für den Betrieb versehen worden.
Dem bestehenden Blechkasten der Zentrale wurde in die Front ein Fenster geschnitten und mit einem Verbundglas versehen, damit alle Relais sichtbar werden. An der östlichen Kehrschleife ist ein Apparat im Einsatz, der aus einem Original-SBB-Signaltelefon und den Teilen einer feuchtsicheren Telefonstation angefertigt wurde.
Es ist interessant zu sehen, wie Jugendliche, die nur noch Funktelefone und Natels kennen, auf unser Dampftelefon aus der Vergangenheit reagieren. Unsere älteren Gäste geraten beim Anblick von Telefonen mit Wählscheiben aus dem Häuschen und beginnen dann mit Erzählungen aus ihren eigenen Erinnerungen.
Das Projekt Stellwerk

Seit mehreren Jahren ist ein elektronisches Stellwerk in Betrieb, dafür steht eine speicherprogrammierbare Steuerung vom Typ Selectron im Einsatz. Damit werden die an den neuralgischen Punkten vorhandenen Signale gesteuert. Die Anzahl installierter Hauptsignale ist 5; ein Vorsignal und ein Rangiersignal sind auch installiert. Ebenfalls wird die Hauptweiche bei der Abzweigung zum neuen Teil der Anlage und die Rangierschaltung zum Schutz der ausfahrenden Züge aus dem Depotbereich gesteuert. Als nächstes Projekt wird die Inbetriebsetzung eines mechanischen Stellwerkes angegangen. Das Stellpult ist ein Original-Integra-Signum-Stellwerk vom Typ 55 und war bis 1998 im Bahnhof Sommerau an der alten Hauensteinstrecke in Betrieb. Die Idee ist die, dass das Stellpult als Bedienungselement zur Ansteuerung des Selectron-Gerätes eingesetzt wird.


Die Stiftung

Auf den 1. Januar 2002 haben Gerda und Jürg Wohlschlegel das gesamte Rollmaterial, die Gebäude, die bestens ausgerüstete Werkstatt, die Blechbahnen, die umfangreiche Bibliothek und viele andere Sachen, die direkt oder indirekt mit dem Thema Eisenbahn zu tun haben, in eine gemeinnützige Stiftung eingebracht.

Damit ist garantiert, dass alles Material, der Gedanke und die Philosophie des Ysebähnli am Rhy der Nachwelt erhalten bleibt.

Die "Stiftung Ysebähnli am Rhy" ist geboren

Fazit
Hier ist im Lauf der Jahre an diesem schönen Fleckchen Erde ein Paradies für Gartenbahner entstanden, das seinesgleichen sucht. Die in- und ausländischen Besucher und Gastfahrer bestätigen diese Aussage immer wieder.

Die genauen Daten unserer Fahrtage finden Sie unter der Rubrik Fahrtage. Selbstverständlich ist auch eine Verpflegungsmöglichkeit vorhanden (Grilliertes, Pommes, Getränke).

Der Eintritt ist Frei

Besonders empfehlenswert ist der Besuch des internationalen Dampftreffens. Verschiedene Lokomotiven und ihre Lokführer aus der Schweiz und Europa geben sich da ein Stelldichein. Die ganzen zwei Tage herrschen dauernder Fahrbetrieb und ein ständiges Kommen und Gehen der verschiedensten Maschinen.

Am Samstag ist Betrieb in einer ganz besonderen Atmosphäre auf dem Programm. Dazu sind die Anlage und die Fahrzeuge beleuchtet.

Das Team des Ysebähnli am Rhy freut sich auf Ihren Besuch an einem der Fahrtage oder am internationalen Dampftreffen.